Geweihtes Leben




„Zu Seinem heiligen Tempel kommt der Herrscher, der Herr.“

 

Mit diesem Satz beginnt das Stundengebet des heutigen Festes.

Ein Tempel oder (auch eine Kirche) ist ein Haus, ein Gebäude, das Gott geweiht ist, das ihm in besondere Weise gehört, in dem Gott in besonderer Weise uns nahe ist. Er ist überall (und überall erfahrbar) – aber Er hat uns versprochen, dass Er uns Seine Präsenz an diesen Orten noch einmal deutlicher offenbaren wird (1 Kön 2,8).

 

Doch schon lange bevor es einen Tempel gab, hatte Gott Seinem Volk eine andere Verheißung gegeben; beim Bundesschluss am Sinai in Ex 19,5 – 6 heißt es: „Jetzt aber, wenn ihr auf meine Stimme hört und meinen Bund haltet, werdet ihr unter allen Völkern mein besonderes Eigentum sein. Mir gehört die ganze Erde, ihr aber sollt mir als ein Reich von Priestern und als ein heiliges Volk gehören.“

Petrus wiederholt und bekräftigt das (1.Petr 2,9): „Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft, ein heiliger Stamm, ein Volk, das sein besonderes Eigentum wurde.“

 

Und Paulus schließlich macht diese Aussage dann in Bezug auf jeden einzelnen Getauften: (1.Kor 6,19): „Oder wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist?“ Und an einer anderen Stelle (1.Kor 3,9): „Ihr seid Gottes Ackerfeld, Gottes Bau.“

 

Johannes vom Kreuz geht sogar noch einen Schritt weiter, wenn er in der lebendigen Liebesflamme sagt: „El centro del alma es Dios“, das Zentrum, die innerste Mitte, das tiefste Wesen der Seele, des Menschen, meiner selbst ist – Gott!!!

 

Wir sind Gott geweiht, wir gehören Ihm, weil Er in uns wohnt, immer schon gewohnt hat und immer wohnen wird, weil Er unsere tiefste Mitte, unser tiefstes Innerstes ist.

 

Das bedeutet auch: Niemand hat das Recht, uns oder sonst irgendeinen Menschen  anzutasten: Denn (1.Kor 3,17): „Wer den Tempel Gottes verdirbt, den wird Gott verderben. Denn Gottes Tempel ist heilig, und der seid ihr.“ Wir erfahren immer wieder, wie sehr dieses Gebot missachtet wird. Daher noch einmal: Wer einen Menschen in seinem Sein, seiner Person antastet, der greift den Tempel Gottes an – und er greift die Kirche an. Auch wenn er noch so fromm redet.

 

Und es bedeutet: Wenn wir uns an Gott binden – dann ist das „nur“ eine Antwort – eine Antwort auf diese Gegenwart Gottes in uns.

 

Das aber wiederum heißt: Wenn wir uns an Gott binden, binden wir uns an Den, der in uns wohnt, an Den, der unsere tiefste Mitte ist – und damit auch an uns selbst, an die Person, die wir im Tiefsten immer schon waren, die wir zutiefst sind und von Gott her immer mehr werden sollen und werden dürfen und die wir einst in der Vollendung auch vollendet sein werden: Selbstverwirklichung in seiner besten, echtesten, tiefsten Form.


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